Der Buschberghof nahe Hamburg ist der älteste CSA-Betrieb in Deutschland und stellt ein interessantes Beispiel zukunftsfähigen Wirtschaftens dar. Solidarische Landwirtschaft bedeutet, dass sich eine Gruppe von Menschen zusammenfindet, um gemeinsam einen landwirtschaftlichen Betrieb zu finanzieren und sich dafür die gesamte Ernte zu teilen. Die aktiven Landwirte legen zu Beginn eines jeden Jahres ihre Kalkulation offen (fairer Lohn, Kosten für Betriebsmittel, notwendige Investitionen …) und die Gruppe der NutznießerInnen finanziert entsprechend ihren individuellen Möglichkeiten den Betrieb des Hofes. Im Gegenzug bekommen sie das was durch den bäuerlichen Betrieb auf verantwortungsbewusste Weise hergestellt wird (Brot, Saisongemüse, Obst, Honig, Fleisch, Milchprodukte, Eier …). Beide Akteure (aktive LandwirtInnen und Nicht-aktive-LandwirtInnen) tragen gemeinsam Sorge für eine Produktionsweise, welche die Fruchtbarkeit des Bodens erhöht und nicht zerstört, sie schenken sich in solidarischem Geist das zum Leben Notwendige. Die Beziehung zwischen Geld und Produkten ist aufgelöst, ebenso die Beziehung zwischen Produzent und anonymem Markt. |
Eckdaten zum Buschberghof:
- 30-40 Menschen leben und arbeiten am Hof, Ca. 350 Menschen ernährt der Hof nahezu vollständig
- 127 Hektar, ca. 100 Rinder, ca. 50 Schweine, ca. 15 Schafe, ca. 200 Hühner, zusätzlich eine geringere Zahl von Enten, Gänsen
- eigene Molkerei und Bäckerei (13 Brotsorten), Ca. 60 Gemüsesorten, vielfältige Obst- und Beerenkulturen
- 95 % der produzierten Lebensmittel werden von der Wirtschaftsgemeinschaft (UnterstützerInnen in der Stadt) konsumiert
- Finanzierungsbedarf 2013: ca 360.000,--
Philosophie des Buschberghofs: „landwirtschaftliche Produktion so betreiben, wie es gut für die Erde ist“
Das geht nur durch eine solidarische Gestaltung des Wirtschaftsprozesses auf Basis gegenseitigen Vertrauens. Damit verbunden ist eine Abkehr von blinder KonsumentInnenhaltung: CSA ist keine bio-flatrate, sondern verfolgt als oberstes Ziel einen verantwortungsbewussten Umgang mit den natürlichen Lebensgrundlagen. CSA ist auch keine alternative Vermarktungsstrategie für Bauern, sondern die Verwirklichung einer Produktionsweise, welche „richtig“ ist (die Lebensressource Boden verbessert statt plündert).
Geschichte des Buschberghofs:
Der Hof wird von seinen Besitzern 1954 auf biologisch-dynamisch umgestellt. 1968 wird der Hof und weitere zwei Höfe von den Besitzerfamilien einem Verein geschenkt und eine Betriebsgemeinschaft gegründet. 1988 wird das Experiment „Solidarische Landwirtschaft“ gewagt. Eine Wirtschaftsgemeinschaft von aktiven Landwirten und UnterstützerInnen wird als nicht eingetragener Verein gegründet. Die Wirtschaftsgemeinschaft basiert auf der Idee, dass jeder Mensch Verantwortung trägt für die Gestalt seiner Umwelt, für die Existenz einer bäuerlichen Landwirtschaft und die Bewahrung der Lebensgrundlagen der nächsten Generationen.
Das CSA-Konzept des Buschberghofes ist eine Antwort auf folgende existenzbedrohenden Probleme:
Zerstörung der wichtigsten Lebensgrundlage: Die industrialisierte Landwirtschaft betreibt Raubbau an den Lebensgrundlagen. In vielen Teilen Europas ist durch den agroindustriellen Umbau der Landwirtschaft die lebensspendende Humusschicht auf unter 5 cm gesunken – das entspricht der Qualität von Halbwüstenboden – hier wächst nur mehr was, wenn Kunstdünger eingebracht wird.
Zerstörung der bäuerlichen Produktionsweise: Die herrschende agroindustrielle Ausrichtung führt dazu, dass eine bäuerliche Produktionsweise nicht mehr überlebensfähig ist. Die Abhängigkeit von großen Abnehmern, der Druck quasi-objektiver Weltmarktpreise führt dazu, dass immer mehr Bauern ihre Höfe aufgeben müssen oder Flächen von über 100 Hektar brutal ausbeuten müssen, um mehr schlecht als recht überleben zu können.
Unreflektierte Konsumhaltung: Die KonsumentInnen werden durch das scheinbare „alles immer“ in den Supermärkten verblödet. Die tatsächlichen Kosten dieses „alles immer“, insbesondere auch für die zukünftigen Generationen und anonymisierten Produzenten weltweit werden ausgeblendet. Die Kosten trägt wer anderer. Unmut regt sich höchstens bei allzu schneller Abfolge von Lebensmittelskandalen.
Enorme Fremdabhängigkeit: Unsere Ernährungssicherheit ist abhängig von Transportsystemen, welche auf fossile Energieträgern beruhen. Ein Zusammenbruch der Versorgung mit fossilen Treibstoffen, oder die Weigerung von Produzenten außerhalb der EU uns mit Lebensmitteln zu versorgen hätte katastrophale Auswirkungen. (Stellen wir uns nur die Situation in größeren Städten vor, wenn die Supermärkte für 4 Wochen nicht beliefert werden …). Europa ist der am stärksten von virtuellen Landimporten (Fläche, die außerhalb Europas für Agrarprodukte beansprucht wird) abhängige Kontinent. Der durchschnittliche Flächenverbrauch ist um fast das Vierfache größer als in Ländern wie China und Indien. Über 60 %. Groß-Britannien beansprucht mehr als das Dreifache seiner Fläche und Deutschland mehr als das Doppelte seiner eigenen Fläche (Stand 2004). Europa erhöhte seine Pro-Kopf-Nachfrage nach Land zwischen 1997 und 2004. Die Niederlande beispielsweise verdoppelten in weniger als zehn Jahren die Menge ihres Flächenkonsums. Andere Länder wie Finnland, Luxemburg oder Irland verzeichneten ebenfalls einen starken Zuwachs bei der Pro-Kopf-Nachfrage nach Land. (Seri, Friends of the Earth 2011)
Zentrale Innovation:
Die solidarische Beziehung ermöglicht verlässliche Verhältnisse zwischen Produzenten und Konsumenten und die Freiheit von ökonomischem Zwang für den Bauern. Durch solidarische Beziehungen gelingt es, sich dem Marktzwang zu entziehen und so die Freiheit wiederzugewinnen, dass der Boden für die Zukunft als Lebensgrundlage gepflegt und erhalten wird. Neben diesem gemeinsamen Ziel schenken sich Bauern und UnterstützerInnengemeinschaft das, was sie zum guten Leben und Arbeiten brauchen und sichern so langfristig die Versorgung mit regionalen Lebensmitteln.
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