Ernst Friedrich Schumacher stellt dem Begriff »Massenproduktion« die »Produktion der Massen« entgegen. Realisiert werden soll diese durch die so genannte »mittlere Technologie«, die dem Menschen bei der Selbsthilfe hilft, indem sie ihn mit seinem Geschick und seiner Intelligenz wieder in den Produktionsprozess eingliedert. Die technologische Entwicklung soll auf die wirklichen Bedürfnisse des Menschen ausgerichtet werden, indem man zum »eigentlichen Menschenmaß« zurückkehrt: klein.

 

Der größte Irrtum ist nach Schumacher, dass die Menschen glaubten, das Problem der Produktion sei gelöst. Dieser Irrglaube resultiert aus einer fehlerhaften Unterscheidung von Ertrag und Kapital. Es wird außer Acht gelassen, dass der Ertrag (auch) aus der Nutzung von unersetzlichem Kapital resultiert, das der Mensch nicht selbst geschaffen, sondern vorgefunden hat. Dieses von der Natur zur Verfügung gestellte Kapital wird von den Unternehmen in beunruhigender Geschwindigkeit aufgezehrt. Das moderne Industriesystem lebt von unersetzlichem Kapital, das es sorglos als Ertrag behandelt. Die Hauptaufgabe der Menschheit besteht darin, dieses Problem zu erkennen und einen anderen Weg einzuschlagen. Das Ziel muss ein auf Dauer ausgerichteter Lebensstil mit neuen Produktionsverfahren und neuen Verbrauchsmustern sein. Es bedarf einer Hinwendung zum Organischen auf Basis von Verfahren und Anlagen, die für jeden erschwinglich, für eine Anwendung im kleinen Rahmen verwendbar und mit dem Bedürfnis des Menschen nach schöpferischem Tun vereinbar sind.

 

Für jeden erschwinglich sollten Maschinen sein, damit es keine Zusammenballung von Macht in den Händen weniger gibt, die die Massen entweder zu bloßen Maschinenwertern oder arbeitslos machen. Ziel ist die Zugänglichkeit zu Produktionsmitteln für alle Menschen, damit jeder Mensch unabhängig ist, sinnvolle Arbeit leisten sowie für den eigenen Unterhalt und einen lokalen Markt arbeiten kann. Die Anwendungsmöglichkeit im kleinen Rahmen ist wichtig, weil etwas, das im kleinen Rahmen geschieht, der natürlichen Umgebung weniger Schaden zufügt, als etwas, das im großen Rahmen geschieht. Darüber hinaus kümmern sich in kleinen Verbänden zusammengeschlossene Menschen besser um ihre Umgebung, als namenlose Firmen, die sich einreden, die Erde ausbeuten zu dürfen. Die dritte Forderung ist die wichtigste von allen: Verfahren müssen so gestaltet sein, dass der schöpferischen Kraft des Menschen hinreichend Spielraum bleibt. Die Arbeit darf nicht aller Anzeichen von Menschlichkeit beraubt werden. Es bedarf einer Philosophie der Arbeit, wonach die Arbeit nicht als eine Last verstanden wird, sondern als etwas, das zur leiblichen und seelischen Wohlfahrt beiträgt. Neben der Familie sind Arbeit und die durch sie geschaffenen Beziehungen die Grundlagen der Gesellschaft. Unternehmen, verstanden als Zusammenschlüsse von Menschen, die gemeinsam etwas herstellen, das zur Befriedigung der Bedürfnisse und zur Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt beiträgt, sollten demnach möglichst kurze, regionale Wertschöpfungsketten aufbauen und sinnstiftende Arbeit schaffen, in deren Rahmen sich der Mensch schöpferisch entfalten kann.

 

Ziel der Wirtschaft ist nach Schumacher ein Höchstmaß an menschlicher Zufriedenheit durch das günstigste Verbrauchsmuster. Wir sind daran gewöhnt, den Lebensstandard an der Menge des jährlichen Verbrauchs zu messen, weil angenommen wird, dass es jemandem, der mehr verbraucht, besser geht, als jemandem, der weniger verbraucht. Da Verbrauch aber nichts anderes ist, als ein Mittel zum Wohlbefinden, muss das Ziel das Erreichen eines Höchstmaßes an Wohlbefinden mit einem Mindestmaß an Verbrauch sein. Wenn beispielsweise der Zweck von Kleidung der Schutz vor dem Wetter und ein schönes Äußeres ist, muss man diesen Zweck mit dem geringst möglichen Aufwand erreichen, das bedeute mit der kleinsten jährlichen Zerstörung von Stoff und mit dem geringst möglichen Arbeitsvolumen. Je weniger Mühe aufgewendet wird, desto mehr Kraft bleibt für künstlerisches Schöpfertum. Eine mittlere Technologie zeichnet sich dadurch aus, dass sie arbeitsintensiv und nicht kapitalintensiv ist. Der Kapitalbedarf und die Entstehungskosten pro Arbeitsplatz sind gering, weshalb in kurzer Zeit viele Arbeitsplätze geschaffen werden können. Die mittlere Technologie passt besser in die einfache Umwelt, die Ausrüstung ist leicht erlernbar, lässt sich an Ort und Stelle reparieren und die Anfälligkeit gegenüber unvorhergesehenen Schwierigkeiten ist geringer. Der Spezialisierungsgrad ist gering, die Lieferketten kurz und die Kapitalbindung stark eingeschränkt. Dies hat verschiedene Wirkungen. Zunächst einmal würden die Menschen mit ihren eigenen (handwerklichen) Fähigkeiten Produkte herstellen und das Resultat in den Händen halten, was der Entfremdung der Arbeit durch die industrialisierte Arbeitsteilung entgegenwirkt. Alsdann sind keine hohen Kapitalsummen für die Anschaffung der mittleren Technologie notwendig, was zu einer Demokratisierung der Produktionsmittel und zur Beseitigung von Markteintrittsbarrieren beiträgt. Kleinteilige Strukturen werden dadurch gefördert. Schließlich können auch Menschen mit niedrigem Bildungsgrad in die Wirtschaft integriert und durch die hohe Arbeitsintensität Einkommensunterschiede vermindert werden.

 

Schumacher sieht verschiedene Möglichkeiten zur Durchsetzung mittlerer technologischer Verfahren. Zum einen kann man mit bekannten und erprobten Verfahren in einer Industrie beginnen und diese mit den Erkenntnissen fortgeschrittener Verfahren angemessen umwandeln. Diese Umwandlung schließt die Möglichkeit ein, einige Teile der bestehenden Verfahren beizubehalten. Zum anderen kann mit der am weitesten fortgeschrittenen Technologie begonnen und sie so angepasst werden, dass sie die Anforderungen der mittleren Technologie erfüllt. Dies beinhaltet auch die Anpassung an örtliche Gegebenheiten (verfügbare Ressourcen, Energiequellen, etc.). Eine dritte Möglichkeit ist, wissenschaftlich unterstützte Modellversuche mit mittlerer Technologie durchzuführen. Zusammengefasst ergeben sich folgende Anforderungen an eine Produktion der Massen: die Verkürzung der Liefer- und Wertschöpfungsketten, der Aufbau regionaler Strukturen, die Verringerung der Arbeitsteilung und des Spezialisierungsgrades, der Einsatz einfacher Maschinen und Verfahren, die arbeits- und nicht kapitalintensiv sind. Innerhalb kleiner Organisationen, die den Menschen größtmögliche Freiheit und schöpferische Entfaltung ermöglichen, werden mit dem geringsten Aufwand Güter hergestellt, die ein Höchstmaß an Zufriedenheit hervorbringen.

 

Schumacher, Ernst Friedrich (2013), Small is beautiful – Die Rückkehr zum Menschlichen Maß, Neuauflage, München