Über dieses Portal möchten wir die Ergebnisse unserer Forschung zum Thema "Wachstumsneutralität auf betriebswirtschaftlicher Ebene" einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen.
Ausgangspunkt der vom OeNB-Jubiläumsfonds (Nr. 18037) geförderten Studie bildete eine qualitative Meta-Analyse der relevanten Forschungsliteratur. Nach einer mehrstufigen Auswahl wurden 69 Fachbeiträge systematisch analysiert. Zentrale Themen waren dabei die jeweiligen Begriffe von “Wachstum” bzw. seiner Antonyme, die Bedeutung bestimmter Rechts-, Eigentums- und Organisationsformen, von unternehmerischen Werthaltungen und Geschäftsmodellen, die jeweiligen theoretischen Hintergründe der Beiträge und die Rolle, welche Unternehmen im Transformationsprozess beigemessen wird.
Häufig wird in der Debatte um "Postwachstumsunternehmen" nicht klar, was diese von bspw. "nachhaltigen Unternehmen" unterscheiden bzw. worin der "Mehrwert" des Begriffs bestehen soll. Ein Ziel des Projekts war es deshalb, auf Basis dieser Meta-Analyse einen Definitionskern des Begriffs “Postwachstumsunternehmen” zu umreißen. Die Analyse offenbarte zunächst eine grundlegende – faktische wie programmatische – Diversität des Begriffs, dessen kleinster gemeinsamer Nenner in der Abkehr von Unternehmenswachstum als Ziel und in der Hinwendung zu qualitativen Nachhaltigkeits- und Suffizienz-Zielen besteht. Diversität ist also Programm -- in bewusster Abkehr von "kapitalozentrischen" Beschreibungen "der Wirtschaft" als unentrinnbarer Sysemzusammenhang, und “Postwachstumsunternehmen” lassen sich so von “kapitalistischen” und “traditionalistischen” Unternehmen unterscheiden.
Von “nachhaltigen” Unternehmen unterscheidet sie zunächst die Reflexion betrieblichen Wachstums bzw. seiner Effekte, sowohl intern (auf Struktur und Kultur der Organisation) wie extern (auf Umwelt und Gesellschaft), und darauf aufbauend die Forderung nach Suffizienz. Je nach Verständnis von Suffizienz -- als Eigenschaft der Produkte und Dienstleistungen oder der Organisation selbst -- ordneten wir die Forschungsbeiträge dem “good growth paradigm” (“Paradigma substitutiven Wachstums”) oder dem “small is beautiful paradigm” (“Paradigma des rechten Maßes”) zu. Die Abbildung oben zeigt schematisch, wie sich die damit verbundenen "idealen Unternehmen" - als Akteure des Wandels - auf einer Matrix entlang der Dimensionen Wachstum und Nachhaltigkeit verorten lassen.
Beide Paradigmen implizieren bestimmte “Wachstumsdilemmata”: Das "good growth paradigm" vernachlässigt die mit einer kapitalistischen Wettbewerbsökonomie verbundenen Wachstumstreiber und -zwänge. Das "small is beautiful paradigm" vernachlässigt dagegen in seinem Fokus auf Nischenstrategien die Frage der Skalierung guter Wirkungen. Als Lösung dieser wettbewerbsinduzierten Dilemmata wurde die wertebasierte Bereitschaft zur Kooperation als weiteres Definitionsmerkmal von Postwachstumsunternehmen identifiziert. (Vergleiche dazu Publikation [1]).
“Postwachstum” impliziert schließlich auch eine grundlegende Re-Politisierung der Wirtschaft -- weil der notwendige "exit from the economy", also der Übergang in eine post-kapitalisitsche Wirtschaft, nicht gelingen kann, ohne die Spielregeln grundlegend zu ändern. Vor diesem Hintergrund kristallisierte sich -- neben der Notwendigkeit eines strukturellen Wandels "von oben" und eines kulturellen Wandels "von unten" eine aktive politische Rolle – im Sinne der Demokratisierung von Entscheidungsprozessen und der republikanischen Mitverantwortung für gute Spielregeln – als weiteres Definitionsmerkmal von Postwachstumsunternehmen heraus.
Grundlegend wurde dabei stets die ambivalente Rolle der Unternehmen – zwischen Komplizität und Subversion – reflektiert.