Der Legatum Prosperity Index (LPI) wurde 2007 von der Legatum Institute Foundation, einem konservativen britischen Think Tank, mit Unterstützung durch Oxford Analytica konstruiert. Seither veröffentlicht Legatum ein jährliches Ranking, das auf Basis des LPI 142 Länder in acht Bereichen des Wohlergehens miteinander vergleichbar machen soll.

 

Selbstverständnis und Motivation

Das Legatum Institute führt das Motto "Prosperity through Revitalising Capitalism and Democracy". Der LPI dient in diesem Kontext, als Basis des jährlichen Länderrankings, vor allem dazu, die öffentliche Debatte in Politik, Wissenschaft und Medien in Richtung einer "holistic view of prosperity" und ihrer Entstehung zu bewegen. Um diese "ganzheitliche Sicht" zu repräsentieren, vereint der LPI -- nach Meinung von Legatum als einziger Standard mit weltweiter Reichweite -- sowohl objektive als auch subjektive Indikatoren von Wohlstand und Wohlbefinden in einer Kennzahl.

 

Methodik

Der LPI vereint 89 Indikatoren aus acht Bereichen, die standardisiert und analytisch gewichtet zu acht Sub-Indizes und anschließend mit gleichen Gewichten zum Gesamt-Index aggregiert werden.

  • Wirtschaft umfasst Indikatoren zur Kapitalausstattung, Marktgröße, High-Tech-Exporten, Bruttosparquote, Arbeitslosigkeit, Inflation, Ausmaß & Entwicklung der ausländ. Direktinvestitionen, Zufriedenheit mit dem indiv. Lebensstandard, angemessene Ernährung und Unterkunft, wahrgenommene Arbeitsplatzsituation, Konjunkturerwartungen, Vertrauen in Finanzinstitutionen, 5-Jahres-Wachstumsrate
  • Bildung umfasst Indikatoren zur Belegung aller Bildungsstufen, stat. Verhältnis Lehrer-Schüler und Buben-Mädchen in Schulen, Anteil höherer Bildungsabschlüsse unter Erwerbstätigen, Zufriedenheit mit Bildungsqualität, Wahrnehmung des Lernfortschritts von Kindern
  • Unternehmertum & Möglichkeiten umfasst Indikatoren zu Start-Up-Kosten, sicheren Internet-Servern, Ausgaben für Forschung & Entwicklung, Internet-Bandbreite, ungleiche ökonomische Entwicklung, Mobiltelefon-Abdeckung, Erhalt von Lizenzgebühren, IKT-Exporte, Wahrnehmung dass Erfolg erarbeitet werden kann, Umfeld für UnternehmerInnen
  • Governance umfasst Indikatoren zur Stabilität und Effektivität der Regierung, Rechtssicherheit, Regulierung, Gewaltenteilung, politischen Rechten, Regierungsform, politischen Restriktionen, Armutsbekämpfung, Vertrauen in die Justiz, Korruption in Politik und Wirtschaft, Umweltschutzmaßnahmen, politische Zustimmung, geäußerte Besorgnis, Vertrauen ins Militär, Vertrauen in Korrektheit von Wahlen
  • Gesundheit umfasst Indikatoren zu Kindersterblichkeit, Lebenserwartung, Impfabdeckung bei DPT, Verebreitung von Tuberkulose, Unterernährung, Masernimpfabdeckung, Gesundheitsausgaben/Person, Zufriedenheit mit Gesundheitszustand, Ausmaß der allgem. Besorgnis, Zufriedenheit mit Schönheit der natürlichen Umwelt, Spitalsbetten, Wasserqualität, erwartbare gesunde Lebensjahre, Sanitäreinrichtungen, Todesfälle durch Erkrankungen der Atemwege, Ausgeschlafensein, berichtete gesundheitliche Probleme
  • persönliche Freiheit umfasst Indikatoren zur Toleranz gegenüber Immigranten und Minderheiten, bürgerliche Freiheiten und Wahlfreiheit, Zufriedendheit mit Freiheiten
  • Sicherheit umfasst Indikatoren zu Gruppenkonflikten, Flüchtlingen und intern vertriebenen Personen, staatlich geförderte politische Gewalt, Eigentumsdelikte, Überfälle, Sicherheit abends allein unterwegs zu sein, Meinungsfreiheit, demographische Instabilität, Menschen auf der Flucht, Todesfälle durch Bürgerkrieg
  • Soziales Kapital umfasst Indikatoren zu wahregenommener gesellschaftlicher Unterstützung, Anteil von Freiwilligenarbeit, Hilfsbereitschaft gegenüber Fremden, karitative Zuwendungen, soziales Vertrauen, Heiraten, Teilnahme an Gottesdiensten

Die 89 Indikatoren messen sowohl objektive ("Wohlstand") als auch subjektive Aspekte ("Wohlbefinden") von Wohlergehen bzw. Prosperität. Die Indikatoren wurden lt. Legatum mittels Regressionsanalyse entsprechend ihrem prospektiven Beitrag zur Prosperität ausgewählt. Die verwendeten Daten sind fast durchgehend für die allermeisten Länder der Welt verfügbar und stammen aus unterschiedlichen, öffentlichen und privaten Datenbeständen, darunter etwa Gallup World Poll, World Development Indicators, International Telecommunication Union, Fragile States Index, Worldwide Governance Indicators, Freedom House, World Health Organisation, World Values Survey, Amnesty International, Centre for Systemic Peace. Der LPI wird jährlich für 142 Länder berechnet, die 96% der Weltbevölkerung stellen.

 

Aussagekraft

Aufbau des Index, Umfang, Auswahl, Gewichtung, Aggregation und Qualität der Daten zeichnen den LPI gegenüber den meisten anderen synthetischen Indizes aus. Indikatoren zur ökologischen Dimension als Basis und Aspekt von nachhaltiger Prosperität sucht man allerdings vergebens, ebenso wie Indikatoren, welche die Entstehung und ungleiche Verteilung dieser Prosperität im globalen Kontext aufzeigen würden  -- wie es etwa die SDG - Sustainable Development Goals tun. "Prosperität" wird hier lediglich zu einer Frage der jeweiligen nationalen Leistungsfähigkeit -- das suggeriert das Länderranking als prominentestes Ergebnis des LPI.

Seltsam erscheint in diesem Zusammenhang die methodologische Begründung der Auswahl der Einzelindikatoren im Hinblick auf ihren kausalen Beitrag zur Prosperität -- eines Konstrukts, das sich doch erst aus den Indikatoren ergeben soll, die es letztlich messen. Insofern scheint hinter dem LPI -- trotz der Fülle an Indikatoren -- eine doch relativ eingeschränkte Vorstellung von Prosperität zu stecken, die offensichtlich -- wenn man sich die Länderrankings der letzten Jahre ansieht -- auch mit dem BIP/Kopf hoch korreliert. Damit misst der LPI zwar andere Dinge, stützt aber zugleich den Status des BIP als "Proxy" für Wohlstand, Wohlbefinden und Wohlergehen. Es mag sein, dass das BIP das auch ist -- allerdings würde man sich von einer "Alternative" erwarten, dass es gerade auch die Ursprünge und Folgen dieser Prosperität in die Rechnung mit aufnimmt. Und das tut der LPI jedenfalls nicht in dem Maße, wie er es verspricht.

 

Praxis

Zentrales Tool des LPI ist das Länderranking: Es weist unter den Top-30 Ländern 27 Demokratien aus (daneben Hongkong, Singapur und die VAE) und wird dominiert von Ländern wie zuletzt Norwegen und der Schweiz, deren Prosperität zu großen Teilen auf Kosten der Umwelt und anderer Länder geht -- zu dieser Feststellung fehlen dem LPI indes die Indikatoren. Neben dem Länderranking gibt es auch einen Gesamt-Score zum Zustand der Welt sowie Reports für unterschiedliche Weltgegenden.

 

Plus/Minus

+

  • umfangreich, konsistent, gute Einzelindikatoren

-

  • die ökologische Dimension bleibt völlig ausgeblendet
  • globale/internationale Beziehungen als Ursachen nationaler "Prosperität" bleiben weitgehend ausgeblendet
  • legitimiert das BIP als Proxy für Prosperität und macht sich selbst überflüssig
  • legitimiert mit Länderranking nationalen Standortwettbewerb
  • kann eigenen Anspruch nicht lösen "to take an holistic view of prosperity and to better understand how it is created."

 

Quellen

[1] The Legatum Prosperity Index >> OFFIZIELLE WEBSITE