Das System of Environmental-Economic Accounting (SEEA) der UN-Statistikkommission ist das Ergebnis einer Initiative, die bereits 1993 von UN-ExpertInnen in Zusammenarbeit mit zahlreichen Einzelstaaten, UN-Agenturen, der Weltbank, dem IMF, der OECD und der EU gestartet worden war. Das SEEA ist als "Accounting-Ansatz" nicht bloß kompatibel mit dem System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (System of National Accounts) der UN (und damit mit dem BIP) -- es befindet sich gewissermaßen auf Augenhöhe damit, was seinen Status als internationaler Standard für offizielle Statistiken angeht. Zugleich zeigt sich damit, dass dieser formale Status allein noch nicht die praktische Bedeutung einer Kennzahl ausmacht. In der Tat ist das SEEA nach zwei Jahrzehnten der Aufbauarbeit immer noch "in Arbeit" und dabei auf das Wohlwollen der Nationalstaaten, die Mitarbeit nationaler Statistik-Agenturen und Geldgeber angewiesen.

 

Selbstverständnis und Motivation

Das System of Environmental-Economic Accounting (SEEA) versteht sich als ein "umfassendes konzeptuelles Accounting-Framework" ("comprehensive conceptual accounting framework"), das grundlegende ökonomische, soziale und ökologische Kennzahlen in einem System zur Unterstützung einer Politik der Nachhaltigkeit integriert. Vom Zugang her beruft sich das SEEA auch auf Erfahrungen und Forderungen aus Agenda21-Prozessen ("integrated policy decision-making is crucial"). Die integrierte "Accounting-Perspektive" soll Zusammenhänge, Impacts und Trade-Offs von Entscheidungen in ökologischen & sozialen Dimensionen sichtbarmachen.

 

Methodik

Das System of Environmental-Economic Accounting (SEEA) basiert auf allgemeinen Prinzipien des ökonomischen Rechnungswesens, wie sie auch im System of National Accounts (SNA) Anwendung finden. Das SEEA fokussiert im Gegensatz dazu aber auf "außerökonomische" Wechselwirkungen der wirtschaftlichen Entwicklung, v. a. mit den Ökosystemen und gesellschaftlichem Wohlbefinden. Das SEEA lässt sich auch nicht auf eine einzelne Kennzahl aggregieren und zuspitzen -- es repräsentiert vielmehr eine integriertes System von Kennzahlen, die für jeweils unterschiedliche Zwecke (u. a. auch nach dem DPSIR-Modell, wie beim EEA-CSI Core Set of Indicators) ausgewertet oder zusammengefasst werden können.

Vier Handlungsfelder der Nachhaltigkeitspolitik können durch das SEEA direkt mit relevanten Informationen versorgt werden:

  • verbesserter Zugang zu Leistungen und Ressourcen, hier v. a. Wasser und Energie
  • nachhaltiger Ressourcenverbrauch, hier v. a. Ressourcenverbrauch, Abfälle und Emissionen, Resourceneffizienz, Entkoppelung, CO2-relevante Kennzahlen für Produkte, grüne Produkten und Jobs
  • Erhalt des natürlichen Kapitals & Minimierung negativer Impacts, hier v. a. Bestand natürlicher Ressourcen, Emissionen und Abfälle, Umweltschutzausgaben, Landverbrauch, Zustand von Ökosystemen, Ökosystem-Dienstleistungen
  • Risikominimierung & Resilienz, hier v. a. THG-Emissionen, Ausgaben für Gegenmaßnahmen (bessere Technologien) & Vorsorge-/Anpassungsmaßnahmen (Deiche z. B.)

Zudem beinhaltet das SEEA auch "Subsysteme" wie das SEEA-Water (seit 2007) und das SEEA-Energy (in Arbeit).

 

Aussagekraft

Das System of Environmental-Economic Accounting (SEEA) liefert relativ konsistente, umfassende und vergleichbare Daten, integriert sie aus einer Accounting-Perspektive und erlaubt damit u. a. Antworten auf Fragen wie z. B. wer von der Verwendung natürlicher Ressourcen profitiert, welche Auswirkungen das auf die Umwelt hat, wie sich das auf die Zusammensetzung der Einkommen auswirkt, ob/wie der Verbrauch an natürlichem Kapital kompensiert wird, wie sich der nationale Wohlstand zusammensetzt und ob die gegenwärtigen Produktions- & Konsummuster nachhaltig sind. Zeitreihen der ermittelten Daten ermöglichen zudem die Analyse der Entwicklung im Hinblick auf diese und weitere nachhaltigkeitsrelevante Fragen.

Dennoch bleibt das SEEA damit nur eine Ergänzung zum System of National Accounts (SNA), die notwendig, aber nicht hinreichend ist: Es berücksichtigt soziale Aspekte nur indirekt und am Rande, es ist ebenso blind für ökonomische Leistungen abseits des Marktes, und der eigene Anspruch, ein integriertes System zu entwickeln, kann auf diese Weise nicht eingelöst werden.

 

Praxis

Das SEEA ist immer noch als "work in progress" einzustufen. Um es zu einem politisch verbindlichen und brauchbaren Instrument zu machen, braucht es v. a. noch mehr und bessere Daten aus noch mehr Ländern -- v. a. aber den politischen Willen, dass die damit beobachteten Zielgrößen auch tatsächlich politisch akkordiert und umgesetzt, und nicht nur gemessen werden.

 

Plus/Minus

+

  • integrierte Perspektive
  • breiter, langer Konsultationsprozess

-

  • noch kaum etabliert, braucht offens. noch viel Zeit, Geld und ein klares Commitment der Nationalstaaten
  • praktisch rein ökologisches Indikatorensystem
  • Aggregation und moneträe Bewertung unklar

 

Quellen

[1] Factsheet "System of Environmental-Economic Accounting" >> ONLINE-DOKUMENT

[2] System of Environmental-Economic Accounting (SEEA) >> OFFIZIELLE WEBSITE & BROSCHÜRE