Die Millennium Development Goals (MDG, dt. Millenniums-Entwicklungsziele) wurden Ende 2000 auf Basis der am UN Millenniumsgipfel in New York von 189 RegierungsvertreterInnen unterzeichneten UN Millenniums-Erklärung von UNO, Weltbank, IWF und OECD ausformuliert. Konkret handelt es sich um acht Entwicklungsziele mit besonderer Relevanz für Entwicklungsländer, die bis 2015 erreicht werden sollten. Die MDG wurden indes nicht vollständig erreicht, der Fokus auf sozial-ökonomische Aspekte der Entwicklung relativ armer Länder ließ zudem zentrale Fragen nachhaltiger Entwicklung offen, die auch für reiche Länder unmittelbar von Belang sind. In einem Post-2015-Prozess wird nun die Entwicklung der MDG weiterhin von der Inter-agency and Expert Group (IAEG) on MDG Indicators betreut und überwacht. Zugleich wurden Ende 2015 als Ergänzung und potenzieller Nachfolger der MDG die SDG - Sustainable Development Goals offiziell akkordiert, welche stärker Fragen der nachhaltigen Entwicklung betonen und somit eher den Anspruch eines "universal framework for development" erfüllen können als die MDG.

 

Selbstverständnis und Motivation

Die MDG repräsentieren die Zukunftsvision einer "world with less poverty, hunger and disease, greater survival prospects for mothers and their infants, better educated children, equal opportunities for women, and a healthier environment; a world in which developed and developing countries worked in partnership for the betterment of all." [1] Zugleich sollen die MDG mit diesen acht zentralen Zielen ein "universal framework for development" bereitstellen, dessen Fortschritt anhand der zugehörigen Indikatoren auch messbar sein soll.

 

Methodik

Die acht Millennium Development Goals werden jeweils durch konkrete Zielsetzungen näher bestimmt, die wiederum durch ein Bündel von Indikatoren definiert und gemessen werden sollen. Die Erreichung der MDG wurde -- sofern nicht anders vermerkt -- bis Ende 2015 angestrebt.

1. Bekämpfung von extremer Armut und Hunger: den Anteil der Menschen halbieren, die weniger als umgerechnet einen US-$ pro Tag zum Leben haben und/oder die Hunger leiden, Vollbeschäftigung in ehrbarer Arbeit für alle erreichen, auch für Frauen und Jugendliche. Indikatoren dazu u.a.: Anteil der Gesamtbevölkerung und der Erwerbstätigen, die weniger als umgerechnet einen US-$ pro Tag zum Leben haben, BIP-Wachstumsrate je Erwerbstätigen, Anteil der Erwerbstätigen, Anteil der unbezahlt (in Haushalt, Familie, selbsterhaltend) Beschäftigten, Anteil untergewichtiger Kinder unter fünf Jahren, Anteil unterernährter Bevölkerung

2. Grundschulbildung für alle: sicherstellen, dass Kinder in der ganzen Welt, Mädchen wie Jungen, eine Grundschulbildung vollständig abschließen. Indikatoren dazu: Einschulungsquote, Anteil mit Grundschulabschluss, Alphabetisierungsrate der 15-24-Jährigen

3. Gleichstellung der Geschlechter / Stärkung der Rolle der Frauen: das Geschlechtergefälle zunächst in der Primar- und Sekundarschulbildung, dann auf allen Bildungsebenen beseitigen Indikatoren dazu: Geschlechterverhältnis auf untersch. Bildungsebenen, Anteil weiblicher Erwerbstätiger außerhalb des landwirtschaftlichen Sektors, Frauenanteil im nationalen Parlament

4. Senkung der Kindersterblichkeit: die Kindersterblichkeit von unter Fünfjährigen um zwei Drittel senken Indikatoren dazu: Kindersterblichkeit insges. & von unter Fünfjährigen, Anteil der einjährigen Kinder mit Masernimpfung

5. Verbesserung der Gesundheitsversorgung der Mütter: Sterblichkeitsrate von Müttern um drei Viertel senken, allgemeinen Zugang zu reproduktiver Gesundheit erreichen Indikatoren dazu: Sterblichkeitsrate von Müttern, Anteil professionell unterstützter Geburten, Verbreitung von Verhütungsmethoden, Anteil jugendlicher Mütter, Zugang zu vorgeburtlicher Betreuung, unbefriedigter Bedarf nach Familienplanung

6. Bekämpfung von HIV/AIDS, Malaria und anderen schweren Krankheiten: Ausbreitung von HIV/AIDS zum Stillstand bringen und eine Trendumkehr bewirken, weltweiten Zugang zu medizinischer Versorgung für alle HIV/AIDS-Infizierten erreichen (bis 2010), Ausbreitung von Malaria und anderen schweren Krankheiten zum Stillstand bringen und eine Trendumkehr bewirken. Indikatoren dazu: Verbreitung von HIV unter 15-24-Jährigen; Nutzung von Kondomen, Wissen über HIV/AIDS bei 15-24-Jährigen, Anteil der Waisenkinder unter den 10-14-Jährigen, Anteil der HIV-Infizierten mit Zugang zu antiretroviralen Medikamenten, Vorkommen und Todesfälle im Zusammenhang mit Malaria, Anteil der Kinder unter 5 Jahren, die unter Moskitonetz schlafen bzw. in angemessener medizinischer Behandlung gegen Malaria; Vorkommen, Ausbreitung und Todesfälle in Zusammenhang mit Tuberkulose, Anteil von entdeckten und behandelten Tuberkulose-Fällen

7. Ökologische Nachhaltigkeit: Grundsätze der nachhaltigen Entwicklung in der Politik und den Programmen der einzelnen Staaten verankern und Vernichtung von Umweltressourcen eindämmen, Verlust der Biodiversität verringern (schon bis 2010), Anteil der Menschen ohne dauerhaft gesicherten Zugang zu hygienisch einwandfreiem Trinkwasser halbieren, deutliche Verbesserung der Lebensbedingungen von mindestens 100 Millionen Slumbewohnern und -bewohnerinnen bewirken (bis 2020) Indikatoren dazu: Anteil der durch Wald bedeckten Fläche, CO2-Emissionen (insges., pro-Kopf & je 1$ des BIP), Konsum ozonschädlicher Substanzen, Anteil der Fischbestände innerhalb vertretbarer biologischer Grenzen, Anteil genutzter Wasserressourcen, Anteil geschützter Naturräume, Anteil vom Aussterben bedrohter Tierarten, Anteil der Bevölkerung mit sicherem Zugang zu Trinkwasser, Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu hygienisch sicheren Sanitäranlagen, Anteil der städtischen Slum-Bevölkerung

8. Aufbau einer globalen Partnerschaft für Entwicklung: Weiterentwicklung eines offenen, regelgestützten, berechenbaren und nicht diskriminierenden Handels- und Finanzsystems, inkl. Verpflichtung zu verantwortungsbewusster Regierungsführung, zu Entwicklung und zur Senkung der Armut – sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene, Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der am wenigsten entwickelten Länder (Abbau von Handelshemmnissen, Schuldenerleichterung und -erlass, besondere finanzielle Unterstützung der aktiv um Armutsminderung bemühten Länder), den besonderen Bedürfnissen der Binnen- und kleinen Insel-Entwicklungsländern Rechnung tragen, umfassende Anstrengungen auf nationaler und internationaler Ebene zur Lösung der Schuldenprobleme der Entwicklungsländer, in Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern Strategien zur Schaffung menschenwürdiger und sinnvoller Arbeitsplätze für junge Menschen erarbeiten und umsetzen, in Zusammenarbeit mit den Pharmaunternehmen Zugang zu unentbehrlichen Arzneimitteln zu erschwinglichen Preisen in Entwicklungsländern gewährleisten, in Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor dafür sorgen, dass die Vorteile neuer Technologien, insbesondere von Informations- und Kommunikationstechnologien, von Entwicklungsländern genutzt werden können Indikatoren dazu: Nettowert öffentlicher Entwicklungshilfe (ÖEH) inges. und an LDC als Anteil des jew. BNI, Anteil der ÖEH, der direkt für grundlegende Dinge wie Bildung, Gesundheit, Ernährung, Zugang zu Trinkwasser und sanitäreinrichtungen verwendet wird, Anteil der ÖEH ohne Auflagen, Anteil der empfangenen ÖEH am BNI untersch. Empfängerländer, Anteil zollfreier Importe aus EL (nach Wert und ohne Waffen), durchschnittliche Zölle auf landwirtschaftliche & Textil-Produkte aus EL, Schätzung von Agrar-Subventionen/BIP in OECD-Ländern, Anteil der ÖEH zum Aufbau von Handelskapazitäten, Anzahl der Länder, die ihre Verpflichtungen gegenüber HIPC (hochverschuldete arme Länder) erfüllen, Schuldenerlass im Rahmen von HIPC und MDRI (multilaterale Schuldenerlass-Initiative), Schuldendienst als Anteil von Exporten, Anteil der Bevölkerung mit Zugang zu leistbaren lebenswichtigen Medikamenten, Anteil der Telefon-, Handy- & Internet-User

 

Aussagekraft

Die MDG formulieren zentrale Ziele menschlicher Entwicklung und sehen zu ihrer Messung zahlreiche aussagekräftige Indikatoren vor. Die Verfügbarkeit und Güte der Daten ist aber häufig gerade in jenen Ländern -- Entwicklungsländern und dabei v. a. LDCs -- problematisch, für welche die MDG die größte Bedeutung hätten. Zugleich machen der Fokus auf basale sozio-ökonomische Erfordernisse menschlicher Entwicklung die MDG nur sehr eingeschränkt brauchbar für reiche Länder. Hier knüpfen die SDG - Sustainable Development Goals an.

 

Praxis

Die MDG waren das zentrale Instrument der UN zur Überwachung der 2000 akkordierten Millenniums-Entwicklungsziele bis 2015. Auch wenn diese Ziele bis heute häufig nicht erreicht wurden -- oder nur scheinbar, auf Basis schlechter oder fragwürdiger Daten: An den MDG lag es nicht, denn sie lieferten eine klare Botschaft und ein ausgereiftes Instrumentarium zum Monitoring dieser Entwicklung -- eine geeignete Entwicklungspolitik ersetzen konnten sie freilich nicht.

 

Plus/Minus

+

  • sehr umfassend, breite Datenbasis & viele Länder
  • gut geeignet zum Montoring zentraler Bereiche der entwicklung in armen Ländern
  • Legitimation durch die UN

-

  • für reiche Länder kaum aussagekräftig
  • keine ausreichende Berücksichtigung ökologischer Faktoren

 

Quellen

[1] Millennium Development Goals Indicators >> OFFIZIELLE WEBSITE